Hansi Pörtig

Donnerstag Morgen: Der Erstklässler Hansi Pörtig sitzt in der Schulstube:

zuvorderst in der Wandreihe,

am linken Platz des Doppelpültchens,

neben sich die Stützsäule,

vor sich die Schiefertafel.

Darauf soll er mit dem Griffel in die vorgegebenen Häuschen das grosse I von Igel kritzeln, eine ganze Tafel voll. Gleichzeitig liest die frisch ausgebildete Junglehrerin mit den Drittklasskindern in der Fensterreihe das neue Lesestück. Nach einer Weile unterbricht sie, um nach den Erstklasskindern zu schauen. Wo ist Hansi Pörtig? Er ist die Stützsäule hochgeklettert, klebt oben an der Decke und verschafft sich den Überblick über die ganze Klasse. Die Schiefertafel ist längst voll gekritzelt, ohne dass Hansi weiss, was diese Striche bedeuten sollen.

55 Jahre später.

Die Junglehrerin hat eben E/e eingeführt. Der engagierte pensionierte Ingenieur sitzt neben dem zweiten „Hansi Pörtig“. Dieser soll das kleine e schreiben. Was entsteht? Eine Zeile kleiner Maulwurfshaufen. Der Helfer erklärt: Schau, bei diesen runden Buckeln hat es unten noch ein Strichlein. Schwups, werden überall noch kleine Schwänzchen angehängt.

Was ist beiden Junglehrerinnen gemeinsam?

Keine der beiden wurde von ihren Dozierenden in die Knacknüsse eingeführt, die zu wissen unentbehrlich sind für den Unterricht von  Kindern, die Lesen und Schreiben nicht wie von selbst lernen, zum Beispiel, dass ein kleines e in jeder beliebigen Richtung geschrieben werden kann und immer als Normlaut e geäussert wird. Dagegen bestehen b/d/p/q/g jeweils aus einem Kreis und einem Strich. Je nachdem, wie diese zueinander stehen, wird anders gesprochen. Das widerspricht der Logik von „jeder Laut ein Zeichen“, was den Kindern anfänglich beigebracht wird.

Beide Kinder, wie auch immer sie heissen mögen, müssen etwas schreiben, von dem sie keine Ahnung haben, was es bedeuten soll. Die beiden jungen frisch ausgebildeten Lehrerinnen setzen sich ein, geben sich Mühe, haben aber keine Ahnung, worauf es bei den lustigen Hansis ankommt, die, wenn sie fertig sind, an der Stützsäule im Schulzimmer hochklettern oder sich eine andere Beschäftigung suchen.

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