Lizentiatsarbeit

Folgende Lizentiatsarbeit ist unter Leitung von Dr. Jürgen Oelkers an der Universität Bern in den Jahren 1996-1997 entstanden:

Zur Gründung der freien Waldorfschule Stuttgart 1919

Kurzfassung – In der vorliegenden Arbeit soll den historischen Gegebenheiten nachgegangen werden, die 1919 zur Gründung der Freien Waldorfschule Stuttgart geführt haben. Dabei interessierten die Umstände, die zur Gründung führten, die Motive, die Rudolf Steiner bewegten, das Konzept, das er fasste, wer die Schule besuchte und wer die finanziellen Mittel erbrachte.

Da die Gründung der Freien Waldorfschule Stuttgart durch Rudolf Steiner 1919 mitten in die Periode von 1890 bis 1933 Mit, die als Zeit der Reformpädagogik umschrieben wird, und nahezu zeitgleich mit der Verwirklichung der Hamburger Versuchsschulen als wirklicher Reformschulen liegt, stellte sich die Frage: Lassen sich RUDOLF STEINERs Konzept und seine pädagogischen Zielsetzungen den für die Reformpädagogik geltenden Kriterien zuordnen? Ist es vertretbar, ihn einen Reformpädagogen zu nennen?

Dabei ging es auch darum, der Persönlichkeit Steiners nachzuspüren und einiges aus seinem Umfeld vor 1919 darzustellen, um etwas die Zeitströmung, in welcher er seine Ideen fasste, aufleben zu lassen.

In einem ersten Teil werden also anhand seiner eigenen Schulerfahrungen und auf Grund seines Wirkens als Hauslehrer und an der Arbeiterbildungsschule Berlin seine erzieherischen Erfahrungen nachgezeichnet und es wird seinem Bezug zur Theosophie nachgegangen, sowie die massgeblichen Zeitereignisse von 1917 und 1919 knapp geschildert.

Ein zweites Kapitel umfasst die Gründung der ersten Waldorfschule in Stuttgart und deren geistige Grundlagen, welcher der Lehrerkurs vom 21.August bis 6.September 1919 vorausging. Dabei spielt die Persönlichkeit von Emil Molt, Firmengründer und Firmenchef der Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria eine wesentliche Rolle. Die Persönlichkeiten des Lehrerkollegiums, denen Steiner vorstand, werden kurz erwähnt, jedoch wird auf eine eingehende Schilderung der Praxis dieser ersten sechs Schuljahre verzichtet. Was in diesen Jahren von den ersten Waldorflehrkräften erarbeitet wurde, ergäbe wohl eine weitere, aufschlussreiche Arbeit.

Als Drittes wird in kurzem Umfang auf die Hamburger Gemeinschaftsschulen, die von 1919-1933 bestanden, eingegangen. Dabei handelt es sich um die geschichtliche Sondersituation dieser Hansestadt innerhalb der deutschen Staaten, um die Kunsterziehung unter Lichtwark, um die Ansichten und Zielsetzungen der Hamburger Reformlehrerschaft und um den politischen Verlauf der Schulreformbewegung, wobei in der vorliegenden Arbeit die Schule Berlinertor im Mittelpunkt steht.

Zum Schluss wird eine Gegenüberstellung versucht, um in die Nähe der eingangs gestellten Frage zu kommen.

Das Material zu Rudolf Steiner ist immens. Als Quellen erwiesen sich vor allem die Beiträge zur Rudolf Steiner-Gesamtausgabe sehr ergiebig, wobei mir Walter Kugler, Verwalter der Nachlassverwaltung, Dornach, wertvolle Unterstützung gewährte, dann die verschiedenen Gesamtausgaben, die in ihrem Anhang mit detaillierten Anmerkungen versehen sind und weitere Schriften, die an der Goetheanumsbibliothek eingesehen werden konnten unter freundlicher Beratung der zuständigen Bibliothekarinnen und Bibliothekare. Zu einem bescheidenen kleinen Teil wurde Sekundärliteratur beigezogen.

Das Entstehen der Arbeit verdanke ich in erster Linie der interessierten und wohlwollenden Unterstützung, Beratung und Begleitung durch Herrn Professor Dr. Jürgen Oelkers.