Leserbrief zu Fremdsprachenunterricht in der Volksschule – Wie viel Sprache darf es sein? Kommentar von Walter Berner, NZZ 11.6.2016
60 jährige Bernerinnen und Berner erinnern sich sicher noch an ihre erste Französichlektion in der 5.Klasse, dem ersten Sekundarschuljahr. Man hatte damals im Kanton Bern das Verhältnis 4 zu 5, also vier Primarschuljahre, dann für etwa die Hälfte der Schulkinder den Übertritt in die Sekundarschule ohne oder mit Prüfung. Für die andern wurde die Primarschule bis zum 9. Schuljahr weitergeführt. Ein Übertritt nach dem fünften Primarschuljahr in die Sekundarschule war möglich. Oft folgte im Anschluss daran ein Welschlandjahr.
Dank grosssprecherischer ostschweizer Erziehungsräte wurde nach langem Hin und Her allgemein auf 6 zu 3 und auf Spätsommerschulbeginn umgestellt, und nun haben es die Anstrengungen der verschiedenen Erziehungsdirektoren und Direktorinnen tatsächlich zu Stande gebracht, auf 9 zu 0 umzustellen, genauer auf 12 zu 0, das heisst, ab 4 Jahren Schule irgend welcher Art und kein Jahr mehr mit einem Unterricht, der tatsächlich in die Grundlagen der einzelnen Fächer einführt, was ja der Auftrag der allgemeinen Volksschule wäre.
Worüber sich Walter Bernet in der NZZ vom 11. 6. 2016 auslässt, zeugt wie so mancher andere Beitrag auch, über bare Unkenntnis des tatsächlichen Sachverhalts. Es ist ein netter im alten Stil verfasster Aufsatz mit den obligatorischen drei Seiten, der keine wesentlichen Aussagen enthält. Was wirklich festzustellen ist, dass „sich der Sprachenunterricht in den letzten zehn, zwanzig Jahren enorm verwickelt hat“. Linguistische Theorien werden breitgeschlagen, die im Volksschulunterricht fehl am Platz sind.
Und dann wird einmal mehr „die Schule“ in Pflicht genommen. Die Schule soll „bestimmen welcher Themenmix der Fächer-in welcher Phase der Volksschulbildung am sinnvollsten ist“ und die Schule „muss primär die Antwort“ darauf geben. Die Schule „muss die Ziele erreichen, dann hat die Schule alles richtig gemacht“. Unter „erstens“ und „zweitens“ folgen wunderbare Rezeptvorschläge, die in allen Jahrhunderten immer wieder umgesetzt wurden, leider nicht von „der Schule“, sondern von Lehrern und Lehrerinnen, die sich immer wieder begeistert und engagiert mit den ihnen anvertrauten Kindern gemeinsam auf den Weg in die jeweilige Erwachsenenwelt machten.
„Voilà, c’est tout. Ça suffit maintenant.“
Dr. Barbara Müller, Kapfstr. 4 b, 9436 Balgach